es gibt Modellbahner, die sich ausschließlich mit dem Planen beschäftigen. Zu dieser Zunft gehörte ich auch in den vergangenen 20 Jahren, da nach Abbruch der begonnen Spur N-Anlage keine praktischen Aktivitäten erfolgten.
Wer kennt das nicht: man erwandert oder durchfährt eine schöne Landschaft und denkt sich, wie man hier wohl eine Eisenbahn gebaut hätte. So ging es mir auch – es entstanden etwa ein gutes Dutzend fiktive Strecken in originaler Topographie in Normal- und Schmalspur; Schwerpunkt war dabei das Sauerland sowie der westliche Harz. Vorteil: Man ist frei in der Gestaltung ;)
Eines meiner „Projekte“ möchte ich jetzt teilweise umsetzen. Es hat seine Wurzeln zu meinen Studienzeiten um 1995 und führt uns in den südwestlichen Harz: das Siebertal zwischen Herzberg und der Ortschaft Sieber ist mitunter eine der schönsten Gegenden in Deutschlands nördlichstem Mittelgebirge. Trotz Prägung durch Montan- und Forstbetriebe hat das Tal seinen urwüchsigen Charakter bis heute beibehalten. Was läge also näher, als dieses Tal mit seinen Vorkommen an Schwerspat und Holz durch eine Eisenbahn zu erschließen?
Wie ich vor fünf Jahren mit Begeisterung registriert habe, hat OOK dies bereits mit seiner Baunlage-Andreasberger Eisenbahn realisert – allerdings in Om; über sein Projekt wird ausführlich auf seiner Homepage berichtet: http://bae-ook.jimdo.com/
Wer OOKs Standardwerk "Anlagen-Planung für vorbildorientierten Modellbahn-Betrieb" gelesen hat, wird die Lokalitäten gleich wiedererkennen - OOK hat das Thema Siebertal aufgegriffen und eine Normalspurbahn hineingelegt.
Meine Planungen gehen nicht so weit: keine Normalspurbahn, keine meterspurige Eisenbahngesellschaft. Sie beschränken sich lediglich auf die Erschließung der Erzvorkommen im oberen Siebertal sowie die Abfuhr von Holz. Epochenmäßig ist dasganze angesiedelt im Übergang zwischen III und IV; noch fahren zwei Dampfloks (entweder Tilligs Pfiffi und Fiffi oder Bemos Kunigunde – mal sehen, wie die Tillig-Maschinen sich vor den deutlich kleineren Liliput-Wagen machen), aber die Ablösung wird gerade in Form der gebraucht erworbenen MV8 der RSE erprobt (Wie meinen? Die sind nach Ösiland gegangen? Komisch - und was fährt dann im Siebertal?!? :P ) . Im Personenverkehr wird bereits seit Anfang der 1960er Jahre ein ebenfalls von der RSE erworbener Triebwagen nebst Beiwagen eingesetzt - außer an Wochenenden, wo sich die Touristen über Dampf von anno dunnemals in Verbindung mit harzlicher Landschaft erfreuen.). So entstand
Die Kleinbahn Herzberg – Sieber (Klb. H.-S. oder Siebertalbahn)
bei der Elemente der Kreis Altenaer Eisenbahn (Trassenführung), der Plettenberger Kleinbahn (Umladebahnhof mit Dreischienengleisen), der Barytbahn (Aurorabahn) und vieler ungenannter eingeflossen sind.
Zunächst ein paar Fakten:
Die Sieber ist ein 35 km langer rechter Nebenfluss der Oder im Oberharz. Sie entspringt auf 760 m Höhe am Bruchbergmassiv und fließt durch Sieber und Herzberg, um bei Hattorf in die Oder zu münden. Zwischen Sieberquelle und Herzberg durchfließt die Sieber eine der schönsten und ursprünglichsten Landschaften des Südwestharzes.
Mit dem Aufblühen der Silbererzgruben im benachbarten Sankt Andreasberg setzte auch im Siebertal in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ein reger Bergbau ein. Hier wurden vornehmlich am Königsberg und am Eisensteinsberg Eisenerz abgebaut und verhüttet. Bis 1860 kam der Eisenerzbergbau jedoch wieder zum Erliegen, und es kehrte wieder Ruhe ein im Siebertal.
Soweit ist alles Realität - jetzt prototypisch gefreelanct:
Mit der Ruhe war es ab 1895 vorbei, als die Bergbaugesellschaft Sankt Andreasberg m.b.H. begann, die Schwerspatvorkommen nördlich der Ortschaft Sieber zunächst zu erkunden und dann abzubauen. 1897 baute man eine Schmalspurbahn mit der seltenen Spurweite von 785 mm von der Schwerspatmühle „Paradies“ im Siebertal bis zum Königshof. Eine Verlängerung der Bahn bis Herzberg erfolgte aus heute unverständlichen Gründen zunächst nicht, da die Straße zwischen Paradies und Herzberg gut ausgebaut war und das Transportaufkommen mit Pferdefuhrwerken abgewickelt werden konnte.
Die Bahn diente zunächst ausschließlich der Abfuhr von Schwerspat und Forstprodukten; Betreiber war die „Bergbaugesellschaft Sankt Andreasberg mbH“ mit Sitz in zunächst Hamburg, ab 1925 in Sankt Andreasberg, welche neben den Gruben Aurora, Kratzecke, Wurzelnberg und Königsgrube im Siebertal auch andere kleinere Schwerspat- und Flußspatgruben im Südharz betrieb. Hier vermischen sich Fiktion und Realität: die genannte Bergbaugesellschaft hat es tatsächlich gegeben, aber ihre Tätigkeiten beschränkten sich auf die weniger erfolgreiche Prospektion nach Silbererzen im Altbergbau von Sankt Andreasberg.
Schwerspat, auch als Baryt oder Bariumsulfat bekannt, hat eine hohe Dichte von 4,5 g/cm³ und wird aufgrund seiner hohen Dichte bis heute gerne in Bohrspülungen verwendet, da er dem Druck im Bohrloch entgegenwirkt. Besonders reiner Schwerspat wird in der Farbindustrie zur Herstellung von weißen Pigmenten verwendet. Soweit ein kleiner Exkurs dank Wikipedia in die Welt der Mineralogie der Industrieminerale.
Der gemahlene Schwerspat sowie das abtransportierte Holz musste im Bf. Paradies auf Fuhrwerke umgeladen werden, so dass schnell der Ruf nach einer Verlängerung bis zum Bahnhof Herzberg laut wurde. Kriegsbedingt verzögerten sich die Planungen. Schließlich baute die Reichsbahn 1925 ein Anschlussgleis zur Siebertaler Papierfabrik, was die Initialzündung war, die Siebertalbahn zu verlängern und in eine Kleinbahn mit öffentlichem Personen- und Güterverkehr umzuwandeln. Neben der Bergbaugesellschaft Sankt Andreasberg m.b.H. wurden nun auch die Stadt Herzberg und die Gemeinde Sieber sowie der Kreis Osterode Eigentümer, wobei die Bergbaugesellschaft Sankt Andreasberg einen Aktienanteil von 50,5 % besaß.
Soweit die Geschichte meiner Eisenbahngesellschaft. Zur Veranschaulichung habe ich mal den Streckenverlauf skizziert:

Wie man sieht, setzt sich die Kleinbahn zusammen aus der Herzberger Stadtbahn (1, nur Personenverkehr), der eigentlichen Siebertalbahn (2) , der als Waldbahn betriebenen oberen Siebertalbahn (3) sowie der Aurora-Bahn (4). (5) sind die 600 mm-spurigen Grubenanschluss- und Waldbahnen in den Kulmketälern.

So stelle ich mir derzeit den Streckenplan vor. Die größeren Bahnhöfe Lohnauerhammermühle und Sieber Kleinbahnhof sind noch als Blackboxes dargestellt, die Ideen für die Gleispläne sind noch nicht vollständig ausgereift und hängen u.a. davon ab, ob es Rollwagenverkehr geben wird oder nicht. Falls nicht, habe ich den Abschnitt Umladebahnhof - Paradies dreischienig vorgesehen. Aber das ist noch Zukunftsmusik.

"Gezwungenermaßen" muss ich mit Modulen arbeiten und möchte zunächst den Bahnhof „Königsgrube“ umsetzen. Hier endet der Personenverkehr; ferner befindet sich mit der Verladeanlage der Königsgrube hier einer der größten Verlader der Bahn und sorgt für entsprechendes Verkehraufkommen. Fallweise wird in dem Anschluss auch noch Holz verladen.
Die Strecke kommt von Links aus Richtung Herzberg/Sieber und führt rechts weiter ins obere Siebertal. Den Streckenabschnitt werde ich noch geschwungener gestalten. Am oberen Bildrand ist die als Feldbahn ausgeführte Grubenanschlussbahn zu sehen, welche auf einem entsprechend höherem Niveau verläuft und irgend wann auf eigenständige Module ins Kulmketal abbiegt. Der Abzwei nach oben ist ist der Förderstollen der eigentlichen Königsgrube.
Der Gleisplan ist ganz dilettantisch mit CAD und Paint entstanden – man möge es mir nachsehen. Und jetzt Feuer Frei für Eure Kritik. Ach so, zum Maßstab: ein Modulkasten (es sind insgesamt drei) hat 1,1 m Länge.
Zunächst habe ich den Plan 1:1 ausgedruckt und die Konturen aus die Grundplatte durchgeprickert. Hier Fotos von der ersten Stellprobe:


Gesägt und zusammengeschraubt sieht Modul I so aus:

Module I und II beim ersten Date :D


Wie zu sehen ist, habe ich die Trassen der Grubenbahn nicht auf einem Niveau gelassen, sondern einige Steigungen eingebaut. Mit der Steigung auf Modul I bin ich aber wahrscheinlich etwas über das Ziel hinausgeschossen und werde korrigieren - wenngleich es für die Busch-Fahrzeuge Dank Magnet kein Problem ist, solche Rampen zu überwinden. Auch der Haspelberg zwischen Grubenbahnschuppen und Kleinbahn wurde kurzer Hand verlegt.
Ich hoffe auf Eure Kritik und Tips - und drehts mir keinen Strick daraus, dass ich hier UND im Schmalspurtreff (noch?) berichte.
LG
Jörn